reflexion.
Reflexion ist mehr als sprachlich gezähmtes Nachdenken. Reflexion knüpft an die Sinne, an Medien und Subjekte an und verweist auf die Grenzen des Verstehens und des Bewusstseins. Reflexion bezeichnet sowohl eine Praxis (vgl. Mersch 2015) als auch eine Form des Nachsinnens. Je nachdem, wie und in welchem Medium wir reflektieren, wird anderes zum Gegenstand. Und je nachdem, was wir thematisieren, werden andere Weisen der Reflexion erforderlich. Gerade in pädagogischen Kontexten wird der Begriff der Reflexion oftmals als Ziel der Auseinandersetzung verstanden. Aber worin besteht die Praxis des Reflektierens in kunstpädagogischer Forschung und Lehre? Welche Formate, Settings und Intiativen lassen sich ausgehend vom Ästhetischen denken? Wie unterscheidet sich ein Reflektieren durch Experimentieren in kunstpädagogischer Forschung, von einem Reflektieren durch Sichtung, Ordnung und Gewichtung im Visuellen? Reflektieren wir anders, wenn wir unterrichten, als wenn wir kuratieren, publizieren oder kollaborieren? Welches sind Formen der Rahmung, der Kommentierung, der Überarbeitung und der Rückmeldung? Wie ist der zeitliche und räumliche Abstand von Reflektiertem und Reflektierendem zu denken? Welche Traditionen des Reflektierens haben sich in der Kunstpädagogik herausgebildet?
In der Ringvorlesung werden verschiedene kunstpädagogische Positionen ihr Verständnis des Begriffs aus unterschiedlichen Handlungsfeldern zur Diskussion stellen.
Koordination: Prof. Dr. Andrea Sabisch, Stefanie Johns, Lukas Sonnemann (Tutor)
Ort: Von-Melle-Park 8, R404
Zeit: Do 16-18h
Öffentliche Vorträge:
Was heißt reflektieren?
Stefanie Johns, Prof. Dr. Andrea Sabisch (Universität Hamburg)
06.04.2017
Die jüngst zu verzeichnende Ausdehnung des Reflexionsbegriffs in Kunst und Philosophie (u.a. Mersch) entsteht nicht zufällig im Kontext von Diskursen über eine veränderte Bild- und Orientierungspraxis in den Künsten und Wissenschaften. Wie aber ist der Zusammenhang zwischen Subjekt, Medien und den Sinnen zu denken? Inwiefern spielt er in pädagogischen Situationen eine Rolle? Und was bedeutet Reflektieren im Kontext von Bildlichkeit?
U-Turn. Über Wendungen in künstlerischen Verfolgungsprozessen
Lennart Krauss (Staatliche Akademie der bildenden Künste Karlsruhe)
27.04.2017
Die ›turns‹ in Geistes- und Kulturwissenschaften der letzten Jahrzehnte versuchen anzudeuten, dass es so nicht mehr weitergehen könne, dass neue Reflexionsebenen in die Betrachtung der Dinge einbezogen, dass gewendet werden müsse. Bezogen auf künstlerische Forschungen sind Wendungen unabdingbar – stetig wird gewendet ohne vom Weg abzukommen. Wie das möglich sein kann, dem möchte dieser Vortrag von der Spur kommen.
On Photobooks: Bilder finden | reflektieren| verbinden. Zum Bildungspotential künstlerischer Fotobücher
Prof. Dr. Katja Hoffmann (Alanus Hochschule)
11.05.2017
Das künstlerische Fotobuch gehört nicht erst seit dem umfangreichen Kompendium von Martin Parr und Gerry Badger (2004/2006/2014) zu einem der prominentesten Medien der künstlerischen Fotografie. Bereits in den 1920er Jahren diente es der Reflexion zeitgenössischer Medienkulturen und gesellschaftlicher Umbrüche. Es bietet in seinen vielfältigen Ausprägungen, sowohl was die Montage und Anordnung der Bilder als auch deren Auswahl betrifft, einen Anlass über dessen kunstpädagogische Bildungspotentiale nachzudenken: Strategien der ›Bildstörung‹, der ›Sichtbarmachung‹, aber auch des ›Bildentzugs‹ treten in Erscheinung und bilden einen möglicherweise erkenntnisstiftenden Kontrast zur alltäglichen Bildpraxis.
Mittendrin – Post Internet Art Education, Reflexion und Kritik ohne die Sicherheit des Abstands
Konstanze Schütze (Universität zu Köln)
01.06.2017
Denken wir an die Geschwindigkeiten der Netzwerke, die Überlagerungen und die Vielfalt der Äußerungen, stellt sich eher ein diffuses wolkenartiges Bild der Gegenwart ein. Die Phänomene der kulturellen, politischen, wirtschaftlichen und technologischen Gegenwart scheinen in besonderer Weise unbeschreiblich und immer weniger konturierbar geworden zu sein. An Beispielen der sogenannten Post- Internet Art sollen – in einer Art Testraum – Möglichkeiten der Reflexion ohne die Sicherheit des kritischen Abstandes untersucht werden. Abseits des Stylischen und Coolen müssen wir uns die Hände schmutzig machen.
Wie im Medium der Kunst reflektieren? Bildplural-Proben im Unterricht
Friederike Moises (Universität Hamburg)
15.06.2017
In diesem Vortrag soll der im Rahmen einer Unterrichtsreihe zum Thema Bildverkettungen entstandene Fundus an Unterrichtsideen, Material und Schülerarbeiten unter der Frage nach den Möglichkeiten für ein Reflektieren im Medium der Kunst (vgl. Badura 2013), gesichtet und gemeinsam diskutiert werden. Wie kann man Anlässe für eine künstlerische Reflexion schaffen? Wie kann ein dafür geeignetes Material aussehen? Wie kann man ein begriffliches und unbegriffliches Denken miteinander in Dialog bringen?
Spuren vom Anderen – Kunstpädagogische Prozesse im Auslegen von fotografischen Bildern reflektieren
Katja Böhme (UdK Berlin und Kunstakademie Münster)
22.06.2017
Dass Kontingenz für pädagogische Prozesse konstitutiv ist und sich Schüler*innen unhintergehbar als unverfügbar zeigen, wird in der Bildungstheorie und in der Bildungsphilosophie vielfach diskutiert. Auf die Frage, wie eine Auseinandersetzung mit dem Zusammenhang von Kontingenz und Bildung im Rahmen der Lehrer*innenbildung angeregt werden kann, werden aktuell insbesondere im kunstpädagogischen Professionalisierungsdiskurs differenzierte Perspektiven entwickelt. Daran anknüpfend frage ich nach dem Potenzial, das fotografische Bilder anbieten, um mit Studierenden Momente im Unterrichtsgeschehen reflektieren zu können, in denen sich etwas entgegen der eigenen Erwartungen ereignet hat. Dazu werden wortwörtlich fotografische Bilder auf einer Fläche ›ausgelegt‹. Es können Lesarten entstehen, die sich Blatt für Blatt weiter entfalten.