Vortrag im Rahmen der Tagung ‚ÄSTHETIK – DIGITALITÄT – MACHT. Neue Forschungsperspektiven im Schnittfeld von Kultureller Bildung und Medienpädagogik‘ gemeinsam mit Prof. Dr. phil. Kirsten Winderlich (UdK Berlin)
Der Beitrag widmet sich Potentialen von medialer und ästhetischer Bildung im Kontext des Klimawandels. Am Beispiel des Kunstwerks Earth Speakr von Olafur Eliasson werden mediale Bildungen digitaler Kinder- und Jugendöffentlichkeit befragt und anhand raum- und zeitbezogener Möglichkeiten diskutiert und veranschaulicht.
„Der Klimawandel ist zu groß für unsere Wahrnehmung“, schreibt Tobias Haberkorn, Redakteur im Ressort Kultur der ZEIT. Diese Beobachtung weist auf die sowohl zeitlich, räumlich als auch ereignishaft dissoziierten dynamischen Prozesse des Klimawandels hin und begründet darin zugleich eine Hürde des notwendigen aber fehlenden Klimabewusstseins. Dieses zu bilden und damit einhergehend gesellschaftliches, politisches wie eigenes Handeln zu reflektieren, zeigt sich als Grundbedingung eines kollektiven Gefühls des „Being-With-Earth“ (Latour 2018) – einer rettenden Haltung für die Zukunft der nächsten Generation. Um spürbar zu erfahren, was sich unserer Wahrnehmung in seiner Komplexität entzieht, benötigt es Formen der Sichtbarkeit, der Öffentlichkeit und der Teilhabe.
Die Problematik des Klimawandels verdeutlicht, dass diejenigen, die dessen Folgen am deutlichsten spüren werden, in der Virtualität ihres Status der nächsten Generation, keine eigene politische Stimme haben bzw. im »Noch Nicht« (Bloch 1985 ) verharren. Die Fridays for Future Bewegung, maßgeblich motiviert durch das Handeln der 17-jährigen schwedischen Klimaschutzaktivistin Greta Thunberg, zeigt weltweit den Handlungswillen und Bedarf von Kindern und Jugendlichen, sich öffentlich zum Klimawandel zu positionieren. Sie fordern mit Entschlossenheit dazu auf, die Folgen des Klimawandels durch nachhaltiges, ressourcenschonendes und verantwortungsvolles Handeln abzuschwächen. Dies sind Appelle von Kindern – diese repräsentieren gelebte Kinder- und Jugendöffentlichkeit.
Vor dem Hintergrund des digitalen Wandels, medialer Transformationen unseres Denkens und veränderter Machtverhältnisse in unserer Informationsgesellschaft (z. B. #fakenews), stellt sich die dringende Frage, welche Möglichkeitsräume digitale Kinder- und Jugendöffentlichkeit als Bestandteil kulturellen (Er)Lebens erfahren kann. Der Experte für Kinderpolitik Michael Klundt argumentiert für eine progressive Kinder- und Jugendöffentlichkeit, die auf eine „erweiterte individuelle und kollektive Erfahrungs- und Handlungsfähigkeit“ im Sinne von „Mit- und Selbstbestimmung“ abziele (Klundt 2013:35).
In unserem Beitrag wollen wir vor dem Hintergrund eines grundlegenden Rechts auf Beteiligung und Öffentlichkeit von Kindern und Jugendlichen (vgl. Klundt 2013:31) die Potentiale von medialer und ästhetischer Bildung im Kontext des Klimawandels am Beispiel des Kunstwerks Earth Speakr von Olafur Eliasson beleuchten. Dabei interessiert uns eine an Oskar Negt anschließende „raumbetontere Öffentlichkeit“ (Negt/Kluge 1972:466), die „mehr Bewegungsspielräume und andere Zeiträume“ (Klundt 2013:32) betrifft, wie sie im Digitalen medial erfahrbar sein können.
Literatur
BLOCH, Ernst: Das Prinzip Hoffnung. Frankfurt a./M. 1985.
LATOUR, Bruno: Das terrestrische Manifest. Suhrkamp. Berlin 2018.
HABERKORN, Tobias: Die Sintflut kommt. https://www.zeit.de/kultur/2018-10/klimawandel-schuld-anerkennung-klimakrieg-weltklimakonferenz
KLUNDT, Michael: Kinder- und Jugendöffentlichkeit: Entstehung, Implikationen und Rahmenbedingungen einer kindheitswissenschaftlichen Kategorie. Psychologie und Gesellschaftskritik, 37(3/4). 2013. S. 29-51.
NEGT, Oskar/KLUGE, Alexander: Öffentlichkeit und Erfahrung. Zur Organisationsanalyse von bürgerlicher und proletarischer Öffentlichkeit, Suhrkamp. Frankfurt am Main.1972.
Zur Tagungswebsite: https://www.aedm.fau.de